Macht uns Zucker süchtig?

16.05.2023 Zuckermythen
Macht uns Zucker süchtig? - Macht uns Zucker süchtig?

Warum lieben wir Süßes?

Dass wir Süßes lieben, liegt in unseren Genen begründet. Früher konnten unsere Vorfahren süßschmeckende Lebensmittel schnell als energiereich und ungiftig erkennen, außerdem enthielten sie oft viele Vitamine. Diese waren jedoch sehr selten und damit "heiß begehrt". Auch bei Babys ist dieser Effekt noch stark verankert. Der süße Geschmack signalisiert dem kindlichen Gehirn: „Nahrhaftes Essen“ [1]. Heutzutage haben wir allerdings keinen Mangel an süßen Lebensmitteln mehr und außerdem liefern die Industrieprodukte keine wichtigen Nährstoffe.

Woher kommt das Zuckersucht Gerücht? Und ist es überhaupt ein Gerücht?

In den Medien liest man sehr oft Schlagzeilen wie „Zucker macht uns süchtig“. Doch Sucht ist dafür ein zu hartes Wort. Denn Sucht erzeugt einen Druck, Schmerzen, Leiden und unsoziales Verhalten [2]. Oder habt ihr schon mal jemanden im Restaurant oder Supermarkt ein Päckchen Zucker stehlen sehen? Wichtiger ist hier eher der Begriff „Belohnung“. Denn Zucker hat Auswirkungen auf das Belohnungssystem im Gehirn, ähnlich wie bei Drogen. Ein übermäßiger Zuckerkonsum wirkt ähnlich wie Opioide mit einer verstärkten Ausschüttung von Dopamin [3]. Dopamin ist unser Belohnungshormon und macht uns glücklich. Außerdem ist es wichtig für unser Kontrollverhalten beim Essen [4].

Wissen aus der Wissenschaft

In Tierversuchsstudien zeigte sich, dass Ratten, die eine Zuckerlösung als Getränk bekamen, nach dem Absetzen Entzugserscheinungen zeigten, die einem Opioidentzug sehr ähneln [5,6]. Das liegt unter anderem daran, dass es durch den hohen Zuckerkonsum zu einer Verringerung der Dopaminrezeptoren im Gehirn kommt. Als die Ratten dann wieder Zugang zu der Zuckerlösung hatten, stieg der Konsum deutlich an [7]. In anderen Studien erhielten die Tiere die Wahl zwischen Kokain und einer Zuckerlösung. Zunächst hatten sie freien Zugang zu beiden. Nach kurzer Zeit bevorzugten die Tiere jedoch immer mehr die Zuckerlösung. Auch als es ihnen schwerer gemacht wurde, die Zuckerlösung zu erreichen, das Kokain aber leicht zugänglich war, nahmen die Tiere den Aufwand auf sich, um an die Zuckerlösung zu kommen, und ließen das Kokain links liegen [8,9].

Das wirkt zunächst sehr erschreckend. Eine weitere Studie zeigt jedoch auch, dass Kokain im Vergleich zu Zucker eine verzögerte Belohnung im Gehirn auslöst. Wenn man dies berücksichtigt, tendieren die Ratten eher zum Kokain [10].

Humanstudien zu diesem Thema sind sehr selten. Bei adipösen Menschen wurde jedoch eine Verringerung der Dopaminrezeptoren festgestellt [11]. Wir erinnern uns: Dopamin belohnt und kontrolliert. Wenn adipöse Menschen zuckerhaltige Lebensmittel essen, kann es sein, dass sie nicht die gleiche Dopaminmenge wie normalgewichtige Menschen produzieren. Zudem kann es ihnen deutlich schwerer fallen, nach einem Stück Schokolade aufzuhören, da die Esskontrolle gestört ist [12].

Dabei ist es wichtig zu wissen: Diese Effekte zeigen sich auch, wenn der Süßgeschmack ausbleibt. Es liegt also nicht am Süßgeschmack selbst, dass es zu einem Dopaminungleichgewicht kommt, sondern direkt am Zucker selbst [13].

Fazit

Ergebnisse aus Tierversuchsstudien können nie eins zu eins auf den Menschen übertragen werden. Sie zeigen jedoch Tendenzen und wie Stoffe im Organismus wirken können. Ihr müsst euch jedoch keine Sorgen machen, dass ihr sofort "süchtig" werdet, wenn ihr mal wieder ein Eis oder ein Stück Kuchen esst. Ein dauerhaft hoher Konsum von Zucker hat jedoch schwerwiegende Auswirkungen auf das Dopamin im Gehirn. Behaltet das immer im Hinterkopf.

Möchtest Du noch mehr wissen? 

In der 6. Folge unseres Podcasts besprechen wir die Studie noch genauer. Hör doch mal rein!

 

Quellen:

1: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6488513/

2: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC8468293/

3: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/12055324/

4: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6488513/

5: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2714381/

6: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/11899012/

7: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2714381/

8: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1931610/

9: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/2496421/

10: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7853096/

11: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5384636/

12: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5384636/

13: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5003688/

 


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